Die Schwelle

Zusammenfassung des Seminars zum Geistigen Schauen vom 12. - 13. Oktober 2024

von Ilona Kramhöller

Samstag, 12. Oktober
Heinz Grill eröffnete den Tag mit dem Begriff „die Schwelle“, der zur Ausarbeitung kommen sollte. Mit der 4. Seelenübung aus dem Buch „Übungen für die Seele“ haben wir uns dem Begriff angenähert.
Am Abend zuvor gab Heinz Grill einleitende Worte und Gedanken, die den Studienbetrieb und das Seminar „Geistiges Schauen“ miteinander verbunden hat und erste Überlegungen zum Thema des Schwellenganges getätigt wurden.
Für die Anschauungsbildung hat Heinz Grill eine Teilnehmerin in der praktischen Ausführung des Sonnengebetes – surya namaskar angeleitet. Seine Vorgehensweise hat eine genau abgestimmte Bewusstseinsarbeit bei der Teilnehmerin angeregt und für uns ersichtlich gemacht.

Was drückte sich in der Arbeit der Teilnehmerin aus bzw. wie ist der Prozess zu beschreiben?
Innerhalb der Entspannung entsteht ein Raum, so dass der Zielgedanke (die Form) in die Konzentration genommen werden kann. Über die weitere Vorstellungsbildung kommt es zu einer Verdichtung des Gedankens. Man kann sagen, dass sich das Licht (der Gedanke) verdichtet. Das ist der Moment, in dem der Körper zurückweicht. Ebenso kann man sagen, dass durch die Lichtverdichtung ein erster Befreiungsprozess entsteht und das Körperanhaftende, das Dunkle, weichen kann. Die Lichtverdichtung (Konzentration) wird in eine physische Konzentration geführt. Die Körperenergie sammelt sich im Konzentrationspunkt.
Durch die Entscheidung zur Umsetzung der gedachten Form, wird die gesammelte Energie zur Formung freigesetzt und es kommt zu einem Lichtfluten. Mit jeder Wiederholung strömt das Lichtfluten weiter hinaus und befreit die Luftsphäre von Dunkelheit.
Es ist ein Reinigungsprozess auf drei Ebenen. Im Physischen, weil das Licht immer tiefer in die
Zellen zieht und die bindenden Strukturen über die Zellwand und Ausscheidungsprozesse ausgeschieden werden. Im Seelischen, weil die dunklen Wesen in der kosmischen Sphäre zum Zurückweichen gebracht werden. Im Geistigen, weil im Nachtodlichen die Seelen der Verstorbenen an diesem Prozess der Entwicklung teilhaben können und am Empfindungsstoff sich nähren können. Der Gedanke kommt im Irdischen in die Umsetzung und der freigesetzte Licht- und Wärmeäther wirkt reinigend und verwandelnd in der Welt.

Welche Gedanken eröffneten sich daraus?
Es entstand das Bild, dass der Mensch durch diese bewusste, schöpferische Konzentrationsarbeit befreiend, erbauend und verwandelnd wirken kann durch das Freisetzen und Erzeugen von Ätherkräften. Bei Unterlassung bleibt der Mensch in den Bindungsstrukturen, die verdunkelnd, abbauend und schwächend bis zerstörerisch wirken.

Heinz Grill weist darauf hin, dass weitere Folgen daraus entstehen. Wenn der Mensch stirbt, dann kann er auf zwei Arten zur Erde zurückwirken: Bei Unterlassung von spiritueller Entwicklung und Mangel an Seelenqualitäten entsteht ein Defizit für die Seele, die aber im Nachtodlichen nicht mehr die Möglichkeit zur selbstständigen Entwicklung hat. Die Seele kann sich jetzt nur noch über die emotional gebundene Gefühlsebene bei den Hinterbliebenen bemerkbar machen. Damit ist die Sehnsucht verbunden, dass der Hinterbliebene durch die Störung und Unruhe im Nervensystem sich ergreift und den Mut aufbringt zu Entwicklungsschritten – und dabei „die Schwelle“ überschreitet. Wenn der Mensch im rechten Sinne seinen Willen durch Selbsterziehung zur Reinheit erzogen oder eine Seelenqualität errungen hat, so dass diese bereits zu Lebzeiten durch Handlungen zur Ausstrahlung kam, dann bleibt diese nach dem Tod in der Sphäre erhalten. Wenn der Mensch aber nicht mehr die Zeit hatte, Erkenntnisse in eine praktische Umsetzung zu bringen, so bleibt die errungene Qualität dennoch als Strahlkraft erhalten und berührt die Menschen und bewegt diese zur Aufrichte.

1) Allgemeines Bild zur Schwelle:
- Türschwelle, eine Erhöhung, die man übersteigen muss und auch ein Hindernis sein kann.
- Übergang von einem Raum zu einem anderen Raum.
- Die Schwelle kann auch eine Abgrenzung sein, trennend.

2) Auf die Psyche bezogen:
- Schwelle von der alten Wirklichkeit zur neuen Wirklichkeit.
- Die Schwelle wird wahrgenommen durch Kenntnis, dass es etwas anderes geben muss, als nur die materielle, konsumierende Ebene.
- Die Schwelle wird wahrgenommen durch aufkommende Ängste, aber auch durch Mut.
- Die Schwelle ist auch durch den Tod markiert.

Wodurch wird die Schwelle markiert?
Sie wird markiert durch die Schwierigkeiten und Probleme. Sie wird gebildet aus den Bindungen. Der Hüter der Schwelle bewacht die Bindungen und hält den Menschen in diesen fest. Wenn die Schwelle nicht überschritten wird, dann arbeitet und wirkt der Mensch aus den Bindungen heraus. Heinz Grill bezeichnet dies als ein sündhaftes Handeln.

Das Schwellenproblem wurde auch für uns als Teilnehmer sehr deutlich im Zusammenhang mit der Konzentrations- und Meditationsübung zum Apfel. Die Schwierigkeiten in Form von schnellen Bewertungen und Erwartungen aus dem bisherigen Wissen mussten immer wieder überwunden werden. Wir mussten uns immer wieder dazu aufrichten, dass wir aus der geistigen Sicht auf das Betrachtungsobjekt schauten. Als eine Teilnehmerin die Schwierigkeiten aufzählte und zu erklären versuchte, warum es so anstrengend ist, in der Meditation zu einem wirklichen Ergebnis zu kommen, sagte Heinz Grill ganz einfach:

„Dann verzichte auf die Schwierigkeiten und vergesse sie“.

Er hat damit deutlich gemacht, dass wir uns nicht an den Schwierigkeiten orientieren sollen, sondern wir müssen uns dahingehend erziehen, dass wir immer aus der geistigen Sicht auf die Dinge schauen.

Wie verhält es sich im Jenseits?
Welche Auswirkungen hat der „alltägliche Schwellengang“ nach dem großen „Schwellenübertritt – mit dem Tod“?
Wenn sich der Mensch zu Lebzeiten nach dem sonnenhaften Denken und Handeln ausrichtet und immer wieder seine Bindungen überschreitet und sich der Entwicklungsfrage widmet, dann wird er befreiend wirken können im irdischen Dasein und in der kosmischen Sphäre. Die Seelen der Verstorbenen erleben auch eine Befreiung, weil sie an den Entwicklungsschritten über den Empfindungsstoff teilhaben können. Denn selbst können sie keine Entwicklungsschritte einleiten, weil sie keinen Körper mehr haben. Außerdem wird die Gedankensphäre ebenfalls angereichert, weil die Gedanken durch den Menschen objektiv neu geschaffen und in die Existenz geführt werden.

Bleibt der Mensch zu Lebzeiten mehr in den Bindungen und stellt sich nicht der Aufgabe, diese immer wieder zu überwinden und die Sicherheitsbedürfnisse aufgrund eines höheren Gedankens loszulassen, dann bewegt und handelt der Mensch sündhaft. Die Entwicklung wird behindert und kann sogar zerstörerisch wirken. Heinz Grill beschreibt in diesem Zusammenhang auch, dass die Seelen der Verstorbenen, die sehr stark ihr mondenhaftes Wirken, ihre irdischen Verhaftungen erleben, in einer Not sind. Selbst können sie keine Entwicklung mehr herbeiführen. Sie können sich aber bei den Hinterbliebenen über die Organe, die Emotionen und Verhaftungen bemerkbar machen.

Die Hinterbliebenen sind sich meist nicht bewusst, dass sie auf diese Weise fremdgesteuert sind. Es ist auch zu erkennen, dass die Ansätze in einigen Psychotherapien, die stark mit den Emotionen arbeiten und sich viel mit der Vergangenheit des Patienten beschäftigen, nicht fortschrittlich sind. Er wird festgehalten im Alten, in den Bindungen.

Ein sonnenhaftes Leben auf Erden wirkt befreiend im Irdischen, im Kosmos und im Geiste.
Nach dem Tod wirkt dieses sonnenhafte Leben aus dem Kosmos zurück auf die Erde. Die Gedanken, die der Mensch zu Lebzeiten errungen hat, sind sonnenhaft und diese Qualitäten bereichern die Menschen auf der Erde. Sie stehen ihnen zur Verfügung. Umgekehrt verhält es sich mit einem mondenhaften Wirken zu Lebzeiten, wie es meist bei Gutmenschen vorzufinden ist, die keine Entscheidungen treffen aus einer geistigen Notwendigkeit heraus, sondern um des Frieden Willens auf der Erde. Es ist kein wirklicher Friede, sondern eine Scheinharmonie, weil konstruktive Kritik ausbleibt oder für das System gearbeitet wird. Es werden lieber Entscheidungen getroffen, die äußeren, menschgemachten Regeln dienen, anstatt geistigen Gesetzmäßigkeiten. Diese Seelen stellen den Hinterbliebenen nichts Erbauendes zur Verfügung, sondern belasten und schwächen erneut.

Man kann sagen, dass der Mensch nach dem Schwellengang, nach dem Tod, erneut zurückwirkt, so wie er die Beziehungsverhältnisse auf der Erde gestaltet hat. Entweder strahlt er sonnenhaft zurück oder mondenhaft, entweder erbauend oder abbauend. Das Mondenhafte wirkt einhüllend und erschöpfend und das Sonnenhafte wirkt erbauend und verwandelnd.

Was können wir im Moment erleben in der Welt?  Was zeigt sich?
Die Erschöpfungsprozesse sind immens.

Was ist notwendig für die Zukunft?
Wie können die Menschen ihre Bindungen erkennen und übersteigen?
Es braucht Perspektiven, die nicht im Irdischen ansetzen und zu einem persönlichen Ideal werden. Es braucht Menschen, die dies vorleben und auch lehren.

Der zukünftige Mensch muss mit seinem Leben auf der Erde eine Aufgabe erfüllen, die vorbestimmt ist. Er muss in seinem körperlichen Dasein Gedanken/Ideen aufgreifen, diese durchdringen, erforschen, erkennen und empfinden lernen, so dass die Seele daran reifen kann. Er muss die Gedanken in eine äußere Form bringen im Alltagsleben und EINS werden mit dem Gedanken. Auf diese Weise schließt sich ein Kreislauf der verwandelnd, friedvoll und erbauend wirkt. Der Mensch muss den Gedanken heranbilden, immer wieder bis zur Auferstehung, sonst bleibt nur das karma übrig

Am Samstagnachmittag gab Ludwig Meindl ein philosophisches Bild zum Schöpfungsgeschehen des Menschen, die Erbsünde und was die wirkliche Versuchung darstellt.
In seiner zweistündigen Ausführung gab Ludwig Meindl viele Bilder und Gedanken, die uns vor Augen führten, dass wir meist viel zu intellektuell spirituelles Gedankengut lesen und auch nicht gründlich genug. Beispielsweise wies er auf zwei Bibelstellen hin, die die Entstehung des Menschen beschreiben.

1. Buch Mose, Kapitel 1, 26-27 (Elberfelder Bibel):
„Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt! 27: Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; Mann und Frau schuf er sie.“

1. Buch Mose, Kapitel 2, 7: (Elberfelder Bibel):
„Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase, und so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“

Es sind zwei Bibelstellen, die darauf hinweisen, dass der Mensch zuerst gedanklich erschaffen wurde und dass der Mensch ein Gedanke, ein Licht ist, und dass Gott ihn dann zum irdischen Wesen geschaffen und in die Lebendigkeit erweckt hat.

Sonntag, 13. Oktober
Am Sonntag gab Heinz Grill ein erweitertes Bild zur Todesschwelle und zum Diesseits.

Wie ist die Schwelle zu sehen? Was ist mit ihr gegeben?
Sie gibt auch die Möglichkeit zur Beobachtung. Wie wird das Diesseits gestaltet mit den Einflüssen von Versuchungen, Hoffnungen und Freiheit von Abhängigkeiten? Wie handle ich im Diesseits?
Innerhalb der Aufgabe zur Begriffserarbeitung „die Schwelle“ haben wir die Definition zum Begriff im idealen Sinne formuliert. Heinz Grill hat es deutlich zentral und punktuell formuliert:

„Die Schwelle markiert die Pflicht zur klaren und vernünftigen Handlung im Leben
(6. Zentrum entwickeln).“

Das führt zur Befreiung im Diesseits und im Jenseits. Heinz Grill meint damit auch, dass der Mensch nur im reinen Gedanken ansetzen soll bei der Meditation und dabei das Fühlen und Wollen zurücklassen soll.

Ich selbst konnte folgendes Bild wahrnehmen: „Die Schwelle markiert die Pflicht sich zu einem universalen Gedanken aufzurichten, sich darin zu gründen, ihn zu erkennen und von diesem ausgehend bereits das irdische Leben zu gestalten. Bei Unterlassung lebt der Mensch in der Illusion und Sünde und wird dem Geiste und seiner Bestimmung nicht gerecht.“

Konzentration- und Meditationsübung
Wie bereits erwähnt, hat Heinz Grill mit uns eine Konzentrations- und Meditationsübung zum Apfel praktiziert. Wir haben den Apfel betrachtet und mehrmals erneut in der Vorstellung aufgebaut. Die Fragen zum Wesen des Apfels und wie die Lichtwirkung im Apfel ist mit den physiologischen Wirkungen, blieben im Hintergrund, so dass die Fragen in der Schau nicht durch den Willen fixiert wurden.
Am Abend zeigte sich allgemein ein erweitertes Bild und viele konnten die erhebende Wirkung, die vom Apfel ausgeht, erkennen. Sie war anziehend leicht und luftig.

Heinz Grill gab dann auch eine erste Auflösung zur Übung und ein Bild dazu. Er sagte, dass von der Lichtwirkung im und um den Apfel eine aufnehmende und versöhnende Wirkung ausgeht. Sie ist wie eine Schale aufnehmend, und bildhaft gesprochen, wie ein liegender Halbmond. Die Sphäre, die vom Apfel ausgeht, ist luftig, leicht, weich und licht. Das Wesen ist beziehungsfreudig mit einer irdischen, günstigen Verbundenheit. Physiologisch ist mehr die Mittenregion des Menschen angesprochen.

Heinz Grill sagte dazu auch, dass die Venus und der günstige Mond sich in der unteren Hälfte der Mittenregion treffen. In den nachfolgenden Meditationsbriefen 263 bis 264 von Heinz Grill wurde diese Übung zum Apfel vertieft und es zeigt sich, dass der Apfel ein Lichtwirken in sich trägt in konzentrierter Form und dieses Licht auch nach außen strahlt. Bei Verzehr wirkt er reinigend auf die Stoffwechselprozesse hinein und schenkt ein versöhnliches Gefühl und wirkt somit befreiend im Gemüt.

Im Rückblick lässt sich erkennen, dass die bewusste Konzentrationsarbeit, wie beispielsweise in der asana-Praxis, aktiven Textarbeit und Meditation das Licht zentriert, verdichtet wird und über die entsprechende Handlung mit dem Körper als Instrument oder der verbalen Ausformung das Licht in die Ausstrahlung geführt wird. Diese befreiende und reinigende Wirkung nach außen und auf den Menschen selbst erkennen wir auch beim Apfel. Entscheidend ist nun die bewusste Haltung und Sichtweise zum Apfel – ein erhöhter Apfelverzehr wird uns nicht zum Friedenstifter werden lassen.